Das Wunder der Verbundübungen

Das Wunder der Verbundübungen (auch compound lifting genannt) besteht aus dem unglaublichen muskulären Zuwachs, den du im Vergleich zu Isolationsübungen in relativ kurzer Zeit aufbauen kannst.

Also welche Übungen werden hier verbunden? Keine! Denn bei Verbundübungen geht es darum, mehrere Muskelgruppen zu verbinden. Das schaffen wir, indem wir in einer Übung mehrere Gelenke involvieren. Das Gegenteil stellt die Isolationsübung dar, die nur ein Gelenk beansprucht wie zum Beispiel das Armbeugen. Nehmen wir als Beispiel den berühmten Liegestütz.

Hier haben wir zwei Gelenke, die unser Gewicht bewegen (neben dem Handgelenk) und zwar die Ellenbogen und die Schultern.

Natürlich spielen auch andere Faktoren mit. Neben der Beugung und Streckung der Arme und Schultern spielt die Körperspannung eine große Rolle. Wenn du dir das obere Bild genau ansiehst, merkst du auch ohne Vorkenntnisse instinktiv wer mehr Körperspannung hat und wer, naja, eher nicht.

Durch diese Körperspannung arbeiten der Rumpf, das Gesäß und die Beine mit, sofern du diese Areale auch mit anspannst.

Stufen der Verbundübungen

Krafttraining lässt sich unabhängig von der Art (Verbund oder Isolation) in vier Stufen aufteilen.

Stufe 1

Die erste Stufe beschäftigt sich hauptsächlich mit Eigenkörpergewicht. Beim sogenannten bodyweight training geht es darum, jede Übung rein mit dem Körpergewicht auszuführen. Als klassisches Beispiel wieder der Liegestütz.

Stufe 2

In der zweiten Stufe nehmen wir externe Gewichte zu unserem Training dazu. Wenn wir den Liegestütz mit externen Gewichten trainieren wollen, kommen wir zum Bankdrücken. Dabei drücken wir am Rücken liegend eine Langhantel mit Gewichtsscheiben von unserer Brust weg.

Stufe 3

In der dritten Stufe gehen wir in die sogenannte Explosivkraft. Wir bewegen die Gewichte dynamisch, indem wir die Langhantel beispielsweise so schnell wir können stoßen oder reißen. Hierbei besteht sehr hohe Verletzungsgefahr, da diese Übungen eine hohe Belastung für die Muskulatur darstellen.

Stufe 4

Die finale Stufe findest du hauptsächlich im Kampfsport. Hier geht es darum, einen fremden Körper mit deinem eigenen Körper zu bewegen. Als klassische Beispiele dafür stehen Ringen, BJJ, Judo und das Clinchen im Thaiboxen. Wir lenken den Gegner und werfen ihn mit Griffen sowie Techniken, die wir mit unserem eigenen Körper ausführen.

Die Reihenfolge ist wichtig

Es ist wichtig, diese Stufen alle der Reihe nach anzugehen, um sowohl dem Körper die Ansteuerung der verschiedenen Muskelgruppen beizubringen als auch das Verletzungsrisiko zu minimieren. Als konkretes Beispiel habe ich für dich die Muskelzerrung bei Explosivkrafttraining und eine beispielsweise ausgekugelte Schulter oder Knie beim Werfen eines Partners.

Hier spricht man auch vom sogenannten präventiven Krafttraining, bei dem du deinen Körper durch Training auf die zukünftigen Belastungen vorbereitest, um dein Verletzungsrisiko zu verringern.

Achte auf Gleichgewicht

Nein, nicht beim Stehen, sondern das Gleichgewicht deines Trainings. Ein Beispiel aus persönlicher Erfahrung. Ich habe nach wochenlangem Training eine starke Verspannung im Kreuz gespürt. Während des Kampfsporttrainings waren mir bestimmte Tritte nicht mehr möglich, weil mein Kreuz sofort verhärtet hat. Es war fast mit einem Krampf vergleichbar.

Nach einem ausführlichen Gespräch mit meinem Mentor und Freund Dalibor Nikolic, einem sehr fähigen Krafttraining-Experten, kamen wir dem Problem auf die Spur. Durch das viele Kreuzheben wurde die Gegenseite, also mein unterer Bauch, vernachlässigt und dadurch mein muskuläres Gleichgewicht gestört.

Damit bestimmte Muskeln sich wieder „öffnen“ und entspannen können, muss die muskuläre Gegenseite auch gestärkt werden. Jetzt verstehen wir weswegen wir bei Rückenschmerzen eben nicht den Rücken, sondern viel eher den Bauch zu trainieren haben.

Schwere Verbundübungen (heavy compound lifting)

Das sind keine besonders komplizierten Übungen, sondern die vorher genannte Stufe zwei und drei. Das Gewicht, das wir zum Trainieren verwenden, ist der Grund, weswegen wir sie „schwere Verbundübungen“ nennen.

Hierfür stehen dir Langhanteln, Kurzhanteln, Kettlebells oder Wasserflaschen und Sandsäcke zur Verfügung. Eigentlich alles, was schwer und gleichzeitig handlich genug für ein gutes Training ist.

Als Faustregel nehme ich immer ein Gewicht, mit dem ich arbeiten kann, nicht das Gewicht, mit dem ich zu kämpfen habe.

Welche Verbundübungen gibt es?

Teilen wir die Übungen erst einmal in zwei Teile.

Das Drücken und das Ziehen. In weiterer Folge nehmen wir die Richtungen, oben, unten, vor und zurück. Jetzt können wir die ersten Übungen zusammenstellen, indem wir immer zu jeder Richtung die passende Gegenrichtung nehmen. Drücke und ziehe ich zum Beispiel von/nach unten, dann drücke und ziehe ich als nächstes in die Gegenrichtung nach/von oben. Als Extra entscheiden wir uns noch, ob wir lieber sitzend, stehend, an Trainingsgeräten oder frei trainieren wollen.

Prinzipiell empfehle ich so frei wie möglich zu trainieren.

Mögliche Trainingseinheit mit Verbundübungen

Das Kreuzheben

Kreuzheben ist ein Paradebeispiel für ziehen von unten. Jetzt brauchen wir nur noch eine Gegenübung mit der passenden Gegenbewegung. Fällt dir spontan eine ein?

Die Dips

Dips bieten sich hier perfekt an, da sie die benötigte Gegenbelastung bieten. Drücken statt Ziehen und das nach unten. Durch das Drücken nach unten entlasten wir das Kreuz wieder, weil die Beine frei in der Luft hängen und die Gravitation mein Kreuz wieder streckt.

Natürlich greifen noch viel komplexere Prinzipien, diese würden jetzt jedoch den Rahmen sprengen.

Wunder der Verbundübungen

Nun du hast dich bestimmt gefragt, was es denn jetzt mit diesem Wunder auf sich hat. Damit sind dutzende Vorteile gemeint, die so ausschlaggebend sind.

Hoher Kalorienverbrauch

Verbundübungen nutzen die größten Muskeln deines Körpers und rekrutieren je nach Bewegungsart mehrere umliegende Areale. Deswegen verbrennst du mit einer Verbundübung deutlich mehr Kalorien als mit herkömmlichen Übungen, wie zum Beispiel besagte Isolationsübungen.

Erhöhte Kernkraft

Durch das freie Trainieren und die hohe Belastung wird die Körpermitte sehr stark involviert, da jede Bewegung entweder stehend oder hängend ausgeführt wird. In diesem Kontext hält deine Körpermitte nicht nur Ober- und Unterkörper zusammen, sondern ist auch in vielen Kraftübertragungen beteiligt.

Muskuläres Gleichgewicht

Ästhetik ist ein netter Nebeneffekt. Hauptsächlich sorgen Verbundübungen dafür, dass du keine Muskeln einzeln zu sehr überbelastest. Die großen Muskelgruppen verrichten die meiste Arbeit und die kleinen Muskelgruppen unterstützen diese dabei.

Ein klassisches Beispiel dafür sind jene Kollegen, die oben herum schön breit und unten herum auf Zahnstochern stehen. Hier helfen unsere Verbundübungen aus.

Erhöhte Hormonausschüttung

Kommen wir zum Schluss zu einem sehr wichtigen Aspekt. Unter den zahlreichen Hormonen beziehe ich mich hier besonders auf das Powerhormon Testosteron. Testosteron ist ein Wachstumshormon, das unter anderem für die Reparatur unserer Muskeln zuständig ist, aber auch direkt unsere Laune, Energie und Kraft beeinflusst. Testosteron und Muskelmasse stehen in direktem Zusammenhang. Mehr Muskeln bedeuten mehr Testosteron. Und eben diese bauen wir effektiv durch Verbundübungen auf, weil wir wie oben genannt viele und große Muskelgruppen auf einmal aktivieren.

Fazit

Falls du jetzt Feuer und Flamme bist und direkt starten möchtest, erinnere dich bitte an die Stufen des Trainings und fang bitte nur langsam mit deinem eigenen Körpergewicht an. Natürlich kannst du dich auch an einen Experten wenden, um genaueres zu erfahren. Diesen hier kann ich dir wärmstens empfehlen.

Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß beim Training und denk immer daran,

never skip leg day!